Die Geschichte hinter dem Film

Persönlicher Hintergrund des Filmemachers


M ein Name ist Holger Gutt. Meine Eltern stammen aus dem Burzenland in Siebenbürgen, im heutigen Rumänien. Nach jahrelangem Warten wurde meinem Vater 1984 die Ausreise nach Deutschland gestattet. Meine Mutter folgte dann 1988.

Ich wurde im Sommer 1990 in der Nähe von München geboren. Ich bin im Herzen Bayerns aufgewachsen, habe einen bayerischen Kindergarten und bayerische Schulen besucht. Zu Hause wurde mit mir deutsch gesprochen.

Doch trotz aller Liebe zur bayerischen Kultur, wollte aus mir kein Bayer werden. Eine Lederhose anzuziehen, hätte sich für mich wie eine Verkleidung angefühlt. Der kulturelle Nachhall meiner Vorfahren wirkt wohl so stark auf mich ein, dass mein Herz bis heute auf irgendeine Art und Weise mit dieser Kultur verbunden ist.

Vor etwa vier Jahren wuchs dann der Wunsch, diese Identitätsfragen genauer zu beleuchten, um dieser Sehnsucht nach meiner unbekannten Heimat nachzugehen. Das motivierte mich schließlich dazu, mich an der Seite meines Vaters auf eine dokumentarische und historische Spurensuche zu begeben.



Historischer Hintergrund der Siebenbürger Sachsen



Die Siebenbürger Sachsen, die das Land jahrhundertelang kulturell, wirtschaftlich und politisch dominierten, wurden mit dem Ende des zweiten Weltkriegs enteignet, vertrieben, verschleppt und systematisch diskriminiert. Man entzog ihnen Stück für Stück ihre eigene Identität. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs verschwand die deutsche Minderheit nahezu vollständig aus Siebenbürgen. Beinahe alle Siebenbürger Sachsen wanderten zurück in ihre einstige deutsche Heimat, oder verteilten sich auf der ganzen Welt.


"Die Wahrung von Tradition und weltoffenem Denken und Handeln ist ein Spagat.
Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen."


Holger Gutt

Die Gegenwart: Identität neu denken


D ie Erlebnisgeneration verlässt uns langsam. 70 Jahre nach der Flucht und Vertreibung ist es nun unsere Aufgabe, einen Erinnerungs- und Identitätstransfer zu schaffen. Die heutigen Generationen sind gemeinsam in der Pflicht, dafür einen Platz und eine Form des Erhalts in dem vereinten Europa zu finden, in dem Landesgrenzen nicht mehr durch ethnische Kriterien bestimmt werden. Diese Arbeit ist identitätsstiftend und wirkt einer Angst vor Überfremdung deutlich entgegen.

Ich kann nur ansatzweise nachempfinden wie es ist, in einem Land aufzuwachsen, das nicht die eigene Heimat ist. Denn ich bin Teil der Generation von Heimatvertriebenen, die die Chance haben, ihr Leben in Freiheit, Frieden und Wohlstand verbringen zu können. Und dass das so ist, verdanken wir primär der europäischen Einheit und Integration.

Mehr als eine persönliche Spurensuche



D ieser Film soll daher ein Beitrag zum europäischen Verständnis und ein Brückenschlag zwischen den europäischen Nachbarschaften sein. Er soll auch ein Gefühl für die Bedeutung von Kultur und Geschichte geben und Anstoß für alle Menschen sein, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Eine Inspiration, um den Blick auf die Zukunft von Kultur zu richten.

Dieser Dokumentarfilm soll zudem ins Bewusstsein rufen, dass es bis heute Regionen in Europa und auf der ganzen Welt gibt, in denen Deutsche seit Jahrhunderten zu Hause waren. Er soll für das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen einen unumstrittenen Raum in der Gesellschaft und im Erinnern schaffen.



Ein Aufruf


I ch sehe die Sicherung der Kultur der deutschen aus den Siedlungsgebieten im östlichen Europa, die Pflege der Immateriellen Bräuche und Traditionen sowie des vielfältig geistigen Wirkens als Teil des kulturellen Erbes als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist eine Verantwortung, der wir gegenüber kommenden Generationen in einem europäischen Dialog nachkommen müssen.


"Dieses kulturelle Erbe gehört uns allen, es darf nicht in Kisten verschwinden oder in Archiven verstauben – es muss lebendig bleiben."


Holger Gutt